Second Hand in Zeiten von Fast Fashion

Wie sich eine junge Vorarlbergerin ihren Traum vom eigenen Store in Wien erfüllte

von Laura Weber und Sophie Eibensteiner

H&M, C&A, Primark, Zara,… – Sie alle haben ein Ziel: So viel wie möglich zu verkaufen. Mit bis zu 24 Kollektionen im Jahr und bei immer billigen Preisen fällt es schwer zu widerstehen[1]. Zusätzlich erwachen täglich neue Onlineshops zu Leben und diese sind hartnäckig.

Schon seit den 1990er Jahren findet der Begriff der „Fast Fashion“ in unserer Gesellschaft Verwendung. Darunter versteht man „Kleidung, die billig hergestellt und verkauft wird, damit Kund*innen häufiger neue Kleidung kaufen können“, so das Cambridge Wörterbuch. Dass dieses Phänomen viele negative Folgen hat, ist wohl jedem/jeder bewusst. Von schlecht bezahlten Arbeiter*innen über viel Ausschussware bis hin zur Verschlimmerung der Klimakrise durch weite Transportwege ist alles dabei.

©Vivienne Riepl

Diesem Trend versucht Vivienne Riepl entgegenzuwirken. Nachdem die 22-Jährige aus einem kleinen Dorf in Vorarlberg nach Wien gezogen war, arbeitete sie als Maskenbildnerin im Theater und zusätzlich in einem Second-Hand-Store. Als im März 2020 die Corona-Pandemie Österreich erreichte, konnte sie durch diverse Lockdowns keinen der beiden Jobs mehr ausüben. Dadurch kam ihr schließlich die Idee ihr eigenes Geschäft zu eröffnen.

Anfang 2021 wagte sie, nach fast einem Jahr der Überlegungen, schließlich den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete „Vivkitsch“, ihren eigenen Second-Hand- und Concept Store. Die Gewerbsanmeldung verlief überraschend gut, allerdings stieß die junge Unternehmerin schnell auf andere Probleme, denn die Lokalsuche stellte sie vor große Schwierigkeiten. Fast ein halbes Jahr lang besichtigte Vivienne zahlreiche Geschäftsflächen und stellte Angebote, doch keine Vermieter*in waren bereit ihre Fläche an eine so junge und unerfahrene Frau zu vermieten und somit das Risiko eines Mietverlustes einzugehen. Schließlich wurde Vivienne aber doch noch fündig und richtete sich ihr Geschäft in der Hermanngasse 19 im siebten Wiener Gemeindebezirk ganz nach ihrem Geschmack ein.[3]

Kurz vor der Eröffnung am 19.11.2021 dann das nächste Problem. Die Regierung verkündete einen neuen Lockdown ab 20.11., doch auch davon ließ sich Vivienne Riepl nicht beirren. Sie feierte Eröffnung uns schloss das Geschäft gleich darauf für einige Wochen. Zum Glück hatte sie ihre Budgetplanung auf einige Lockdowns ausgelegt. In dieser Zeit erweiterte sie ihr Geschäft auf den Onlinebereich und bot ihre Ware somit auch für Click&Collect sowie die Lieferung direkt Nachhause an.

Die ersten zwei Monate verliefen schleppend, doch die junge Unternehmerin stand werktags verlässlich von 11 Uhr vormittags bis 18 Uhr in ihrem Geschäft und freute sich über jede einzelne Kundschaft. Wenn ihr Laden mal leer war, kümmerte sie sich um ihr Social-Media-Marketing oder suchte nach neuen Produkten für ihren Shop und bald schon machte sich ihre harte Arbeit bezahlt. Sie baute sich einen guten Stock an Stammkunden auf, sodass sie heute sogar schon eine zusätzliche Arbeitskraft beschäftigt. Doch auch die Laufkundschaft spielt eine wichtige Rolle für ihren Laden.

Betritt man „Vivkitsch“, wird man sofort von der Gründerin oder ihrer Mitarbeiterin begrüßt, welche beide Sympathie und Herzlichkeit ausstrahlen. Gleich darauf fällt einem die bunte Kleidung sowie die Liebe zum Detail auf. Jedes Produkt befindet sich genau am richtigen Ort und man merkt, wie viel Herzblut und Zeit Vivienne Riepl in die Einrichtung und Gestaltung ihres Geschäfts steckt. Ihre Arbeit und Auswahl der Produkte, welche sie einzeln und per Hand begutachtet bevor sie in den Shop dürfen, leisten einen wichtigen Beitrag zum Erfolg ihres Unternehmens.

Natürlich hilft auch der aktuelle Trend zur Vintage-Ware und die steigende Bereitschaft der jüngeren Generation Second-Hand-Einkäufe zu tätigen, doch die Gründerin von „Vivkitsch“ bemüht sich sowohl für jeden Geschmack, als auch für jede Preisklasse eine gute Auswahl zu haben. Damit will sie nicht nur ihr Geschäft unterstützen, sondern auch den Kauf von Second-Hand-Produkten erleichtern, um den von Fast-Fashion-Produkten einzuschränken.

Zu Besuch bei Vivkitsch

Tagtäglich finden wir neue Werbungen auf unseren Social-Media-Profilen und versuchen sie zu ignorieren. Einfach weiterscrollen lautet das Motto. Doch was wäre, wenn wir das Handy in der Tasche lassen und hinaus in die Welt gehen würden. In Wien gibt es genügend Second-Hand-Läden, die unser Konsumbedürfnis mindestens genauso gut stillen können, wie die großen Modemarken und Onlineshops.


Second Hand in Zeiten von Fast Fashion

Laura Weber, Sophie Eibensteiner

Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien

Lehrveranstaltung: Übung Multimedia SS 2022

Veranstaltungsleiter: Dr. Manfred Bobrowsky

[1] McKinsey & Company (2016), Style that’s sustainable: A new fastfashion formula. Von Nathalie Remy, Eveline Speelman, and Steven

[2] https://www.instagram.com/p/CbiZdIQsMgR/?hl=de

[3] https://goschat.at/2022/06/30/selbstaendigkeit-der-weg-in-die-berufliche-freiheit/